Mein Nerdthema: Narzissmus

Darüber könnte ich stundenlang reden

Ein weiteres Mal nehme ich an einer Blogparade teil und zwar diesmal zu dem von Birgit Oppermann vorgeschlagenen Thema "Nerd-Wissen".


Bei mir ist Narzissmus so ein Thema, weil ich wirklich Unmengen darüber weiß und auch persönliche Erfahrungen gemacht habe, Ich verwende das Wort Narzissmus, aber letztendlich trifft es das nicht. Weniger als 1% der Bevölkerung sind Narzissten und doch hört man an allen Ecken und Enden von narzisstischem Missbrauch. Neben den "echten Narzissten" gibt es eben noch Unmengen von toxischen Menschen oder Menschen mit narzisstischen Zügen unterschiedlicher Ausprägung. Auch Menschen mit anderen Persönlichkeitsstörungen können vermehrt narzisstische Verhaltensweisen zeigen, wie z.B. Borderliner oder Soziopathen.

Insofern muss man sehr vorsichtig sein, jemanden vorschnell als Narzissten zu bezeichnen. Man kann einem Menschen damit zum einen Unrecht tun und zum anderen fühlen sich die Opfer "echter Narzissten" unverstanden, wenn scheinbar jeder Zweite scheinbar schon einmal an einen Narzissten geraten ist. "Echte" Narzissten sind natürlich besonders schädlich und der emotionale Missbrauch oft massiv und traumatisierend, allerdings haben sicherlich auch die anderen Personen Schmerz erfahren, wenn auch vielleicht nicht im gleichen Ausmaß. Um sicher zu gehen, ist es besser, von toxischen Menschen zu sprechen, denn das ist etwas, was sie alle gemeinsam haben. Der erlebte Missbrauch lässt sich ohnehin nicht vergleichen, da jeder etwas unterschiedliches erlebt und auch unterschiedlich damit umgeht.


Fakt ist, dass toxische Menschen unglaublich ähnliche Verhaltensmuster haben, so als hätten sie alle ein Buch gelesen "Toxisch sein für Anfänger". Und fast immer schaffen sie es, dass man nach einer toxischen Beziehung nur noch ein Schatten seiner Selbst ist.

Der Zyklus einer narzisstischen Beziehung: Von der Lovebombing-Phase bis zur Entwertung

Eine narzisstische Beziehung gleicht oft einem Hollywood-Drehbuch – allerdings einem dieser Low-Budget-Filme, bei dem man sich am Ende fragt, wie um alles in der Welt man sich das überhaupt angeschaut hat. Es beginnt mit der sogenannten „Lovebombing-Phase“. Stell dir vor, du bist der Hauptdarsteller in einem romantischen Film, der plötzlich von Disney auf Drama umschaltet. Du wirst überschüttet mit Aufmerksamkeit, Liebe und Geschenken. Alles, was du tust, scheint perfekt zu sein. Dein neuer Partner hebt dich auf ein Podest, und du denkst, du hast endlich deinen Seelenverwandten gefunden. Diese Phase fühlt sich an, als wärst du der Star in deinem eigenen Liebesfilm – und genau hier beginnt die Abhängigkeit.

Doch wie in jedem guten Film gibt es einen Plot-Twist. Nachdem du emotional investiert bist, beginnt die „Entwertungsphase“. Dein vorher perfekter Partner wird plötzlich kalt, abweisend und vielleicht sogar grausam. Du fühlst dich, als hättest du dich in einem Science-Fiction-Film wiedergefunden, in dem dein geliebter Mensch durch einen gefühllosen Roboter ersetzt wurde. Deine Fehler werden plötzlich unter einem Mikroskop betrachtet, und du fragst dich ständig, was du falsch gemacht hast. Doch bevor du dir darüber klar wirst, dass du in einem Horrorfilm gelandet bist, hat der Narzisst bereits die Oberhand gewonnen.

Warum es so schwer ist, eine toxische Beziehung zu verlassen: Das Gehirn auf Drogen

Der Grund, warum es so schwer ist, eine toxische Beziehung zu verlassen, liegt in der Tatsache, dass dein Gehirn buchstäblich auf Droge ist. Ja, du hast richtig gelesen – dein Gehirn hat während dieser Beziehung einen regelrechten Drogencocktail entwickelt. Wenn du verliebt bist, schüttet dein Gehirn eine Fülle von Neurotransmittern wie Dopamin, Oxytocin und Serotonin aus. Diese Chemikalien erzeugen ein Gefühl des Wohlbefindens und der Zufriedenheit – ähnlich wie bei einer Person, die sich nach einem langen Tag endlich ihr Lieblingsgetränk gönnt. Oder sich eine line Koks reinzieht – nur eben ohne das weiße Pulver.

In einer toxischen Beziehung wird dieses Belohnungssystem jedoch ständig manipuliert. Der Narzisst gibt dirgerade genug Zuneigung, um dich an der Angel zu halten. Das nennt man auch "Breadcrumbing", weil sie einem im übertragenen Sinn nur Brotkrümel hinwerfen. Diese ständigen Hochs und Tiefs sorgen dafür, dass dein Gehirn in einem Zustand ständiger Erwartung und Belohnung lebt, was die emotionale Abhängigkeit verstärkt. Dein Verstand entwickelt eine regelrechte Sucht nach dem Dopaminrausch, den diese unvorhersehbaren Momente der Zuneigung auslösen. Der Dopaminrausch ist viel heftiger als in gesunden Beziehungen, weil man zwischendurch immer wieder am Boden ist und regelrecht hochkatapultiert wird.


Die neurobiologischen Prozesse, die bei emotionaler Abhängigkeit eine Rolle spielen, sind denen einer Substanzabhängigkeit tatsächlich sehr ähnlich. Dopamin ist das Belohnungshormon, das bei jeder positiven Interaktion mit deinem narzisstischen Partner ausgeschüttet wird. Allerdings ist das „Spiel“ bei toxischen Beziehungen besonders perfide, da das Belohnungssystem mit Entbehrung und Schmerz verknüpft wird. Hier kommt das Konzept der „intermittierenden Verstärkung“ ins Spiel, das aus der Verhaltenstherapie bekannt ist. Es ist dieselbe Technik, die hinter der Funktionsweise von Glücksspielautomaten steckt: Du weißt nie, wann der nächste „Gewinn“ kommt, und das macht dich süchtig.

Die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol und Adrenalin in stressigen Phasen der Beziehung verstärkt die emotionale Achterbahnfahrt. Diese Hormone bereiten deinen Körper auf eine „Kampf oder Flucht“-Reaktion vor, was zu einem Gefühl ständiger Alarmbereitschaft führt. Dein Herz rast, dein Blutdruck steigt, und dein Gehirn ist in einem Zustand ständiger Übererregung. Diese ständige Überstimulation erschöpft deinen Körper und Geist, was schließlich zu einem Zustand chronischer Müdigkeit und emotionaler Erschöpfung führt.

Warum narzisstische Beziehungen so zerstörerisch sind: Ein Beispiel

Stell dir vor, du gehst in eine Eisdiele und bestellst dir einen köstlichen Eisbecher mit allen deinen Lieblingszutaten. Du genießt den ersten Löffel und bist im siebten Himmel. Doch plötzlich nimmt dir der Verkäufer den Eisbecher weg und stellt dir stattdessen eine Schüssel mit Brokkoli hin – ohne Salz, ohne Butter, einfach nur gekochter Brokkoli. Du protestierst, aber der Verkäufer sagt dir, dass du den Brokkoli essen musst, bevor du dein Eis zurückbekommst. Ich hoffe, der arme Brokkoli verzeiht mir, als Beispiel herhalten zu müssen. Also isst du den Brokkoli, denn du willst unbedingt wieder das Eis genießen. Doch sobald du den Brokkoli aufgegessen hast, sagt dir der Verkäufer, dass du jetzt noch einen Teller mit Tierinnereien essen musst. Und so geht es weiter – du bekommst immer nur dann eine kleine Portion deines Lieblings-Eis, wenn du einen Berg von ungenießbarem Essen verdrückt hast.

So fühlt sich eine Beziehung mit einem Narzissten an. Du bekommst ab und zu einen kleinen Vorgeschmack auf die anfängliche Liebe und Zuneigung, aber dafür musst du eine Menge emotionalen Schmerz und Leiden in Kauf nehmen. Am Ende bist du emotional und mental ausgelaugt und wunderst dich, warum du überhaupt noch in dieser „Eisdiele“ bist.


Toxische Beziehungen, insbesondere mit Narzissten, hinterlassen ihre Spuren. Nach der Beziehung fühlt man sich oft wie ein Schatten seiner selbst. Man hat so viel gegeben, so viele emotionale Hürden überwunden, dass man sich fragt, wer man eigentlich noch ist. Das Gehirn hat sich an die toxische Dynamik angepasst, ja sich tatsächlich verändert, und der Körper trägt die Narben des ständigen emotionalen Stresses.

Doch es gibt Hoffnung. Der erste Schritt ist, die Dynamik zu erkennen und sich zu lösen. Und dabei hilft es, das Erlebte nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch ab und zu mit einer Prise Humor zu betrachten. Denn wie sagte Oscar Wilde so treffend: „Das Leben ist viel zu wichtig, um es ernst zu nehmen.“


Also, wenn du das nächste Mal in Versuchung kommst, in diese „Eisdiele“ zu gehen, erinnere dich an den Brokkoli. Und der ist nur der Anfang, es folgen schließlich die Tierinnereien. Und vielleicht entscheidest du dich dann lieber für einen anderen Ort – einen, der dir wirklich gut tut.



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