Was ist eigentlich Bindungstoleranz? Ein Guide zu mehr Toleranz und Gelassenheit

Das Ziel eines jeden Elternteils ist es, Bindungstoleranz zu erreichen. Zumindest wird das von ihm erwartet. Bindungstoleranz ist ein Teil der Erziehungsfähigkeit und im extremsten Fall kann einem das Kind weggenommen werden, wenn man dazu nicht in der Lage ist.


Mit den Verletzungen aus der Vergangenheit kann es schwierig sein, sein Kind dem anderen Elternteil zu überlassen und in dieser Zeit komplett abschalten zu können.

Oftmals liegt es einfach an Fehlern, die der Partner während der Beziehung gemacht hat. Wenn der andere sich früher nicht gut um das Kind gekümmert oder viel geschrien hat, erwartet man, dass er sich auch heute so verhält.

Vielleicht hat dein Kind etwas Bedenkliches vom Umgang berichtet und nun fragst du dich, ob du dein Kind guten Gewissens dorthin lassen kannst.

Das kann dazu führen, dass du während der gesamten Zeit Ängste hast und dich angespannt fühlst.

Heute hast Du Glück. Ich werde erklären, wie Loyalitätskonflikte entstehen und sich auswirken, was dir helfen wird, die Perspektive deines Kindes besser zu verstehen, gelassener zu bleiben und bindungstoleranter zu werden, ohne dich ständig um dein Kind zu sorgen.

Ich beschreibe wie Loyalitätskonflikte entstehen und wie sie sich auf deine Bindungstoleranz auswirken.

Warum ist das so wichtig?

Was ist Bindungstoleranz?

Als Bindungstoleranz bezeichnet man im engeren Sinne, die Fähigkeit und Bereitschaft getrenntlebender Eltern, die Beziehung des anderen Elternteils zum gemeinsamen Kind zu respektieren und zu fördern

Sie zielt darauf ab, dem Kind möglichst viel Kontakt zu dem anderen Elternteil zu ermöglichen, keine Vorbehalte zu haben und nicht um die Liebe des Kindes zu konkurrieren.

Für ein Kind ist es das Beste, völlig frei darin zu sein, wen es liebt und keine Angst zu haben den anderen Elternteil damit zu enttäuschen oder zu verletzen.


Jetzt herunterladen: Wie verhalte ich mich bindungstolerant?


Warum ist Bindungstoleranz wichtig?

Statistiken zeigen, dass ein Drittel aller Kinder mit getrennten Eltern den Kontakt zu einem Elternteil völlig verliert. Natürlich ist in einem Teil der Fälle der Elternteil selst dafür verantwortlich oder bricht den Kontakt ab, in vielen Fällen ist aber die unzureichende Bindungstoleranz des betreuenden Elternteils und die daraus folgenden Loyalitätkonflikte bei dem Kind dafür verantwortlich, dass kein Umgang mehr stattfindet oder das Kind selbst den Kontakt abbricht.


Die Kinder spüren die Vorbehalte und Ängste ihrer Hauptbezugsperson. Da sie diese nicht verletzen oder verlieren wollen, stecken sie in einem Zwiespalt, sich einerseits Kontakt zum anderen Elternteil zu wünschen aber auch niemanden verletzen zu wollen - diesen Zustand nennt man Loyalitätskonflikte.

Durch die Förderung der Beziehung zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil kannst du die Entstehung von Loyalitätskonflikten verhindern, was für dein Kind eine enorme Entlastung bedeutet, da Loyalitätskonflikte regelrecht krank machen können. Wenn man die Beziehung zum anderen Elternteil gut unterstützt nennt man das Bindungsfürsorge, also die zweite Stufe nach der Bindungstoleranz, und das ist eine ganz wertvolle Eigenschaft, die Deinem Kind zugute kommt.


Auf diese Weise wird sich die ganze Situation entspannen und du ganz von allein bindungstoleranter werden.


In den meisten Fällen sind nämlich sämtliche Bedenken unbegründet, selbst wenn das Kind etwas negatives erzählt. Zum einen spürt es nämlich deine negative Einstellung zum anderen Elternteil und möchte dich mit negativen Berichten glücklich machen und zeigen, dass es auf deiner Seite ist. Schöne Erlebnisse wird es eher verschweigen, um dich nicht zu enttäuschen. Außerdem bist eine Vertrauensperson. Alles, was vielleicht wirklich nicht so toll war, wird es bei dir abladen, insbesondere, wenn es dafür noch Aufmerksamkeit bekommt. Auf diese Weise kannst du eine ganz falsche Vorstellung von der Zeit beim anderen Elternteil bekommen und unbegründete Sorgen entwickeln. Fast alle Kinder erzählen negative Dinge, die übertrieben oder sogar komplett erfunden sind.


Das bedeutet aber nicht, dass du jetzt alle bedenklichen Dinge komplett ignorieren sollst. Wenn dein Kind erzählt, es wird angeschrien und du hast das Gefühl, das könnte stimmen, ist es völlig okay, dem nachzugehen. Allerdings solltest du dem Kind ohne viel Emotionen sagen, dass du dich darum kümmern wirst und das Thema dann ebenso ruhig und gelassen beim anderen Elternteil ansprichst, um seine Sichtweise zu erfahren. Gehst du direkt davon aus, dass es auf jeden Fall stimmt, verlierst du dich schnell in Vorwürfen und der andere fühlt sich zu Unrecht beschuldigt. Auf diese Weise entstehen nur Konflikte aber keine Lösung.


Wenn das Ganze zunächst erst einmal verwirrend ist, verstehe ich das. Es ist schwer zu glauben, dass das eigene Kind Dinge erzählt, die nicht stimmen oder übertrieben sind, gerade wenn es ein ansonsten ehrliches Kind ist und du keinen Grund dariun siehst, dass es das macht.


Deshalb habe ich die folgenden Beispiele zusammengestellt, um aufzuschlüsseln, wie so etwas ablaufen kann:


Ich habe Eltern erlebt, die ständig vor Gericht standen, weil sie dachten, der andere schlägt das Kind. Genau das hat der Junge nämlich erzählt. Die ganze Geschichte werde ich im nächsten Blogbeitrag erzählen. Jedenfalls haben sie überhaupt nicht infrage gestellt, was das Kind bei ihnen erzählt, wussten aber gleichzeitig, dass der Junge beim anderen Elternteil lügt. Dort hat er ja auch erzählt, er würde geschlagen. Trotzdem dachte jeder von beiden, dass er ihnen aber die Wahrheit sagt. Leider konnten sie auch mit Hilfe das Verhalten nicht hinterfragen, so dass der Kontakt zum Vater abgebrochen ist.

Ein anderer Junge hat alles negativ interpretiert und völlig übertrieben. Der Vater hatte ihm eine Hose hingeworfen, damit er sich anzieht und mit der Hose getroffen. Bei der Mutter erzählte er dann dramatisch und weinend, er sei mit der Hose geschlagen worden. Die Mutter hat jedes Wort ernst genommen und jedes Mal ein riesen Drama gemacht. Deswegen wurde irgendwann dem Vater das Sorgerecht übertragen, weil er dem Jungen nicht diese Plattform geboten hat.

Einmal habe ich auch einen Jungen kennengelernt, der sich so zwischen den Eltern zerissen fühlte, dass er vor ein Auto glaufen ist, weil er nicht mehr leben wollte (es ist außer einem Psychiatrieaufenthalt aber nichts passiert). Die Eltern hatten seine Geschichten auch immer sehr ernst genommen und große Ängste um ihn.

In einem anderen Fall hat ein Mädchen sehr fantasievolle Geschichten erzählt. So kreativ, dass die Eltern dachten, das könne sich ein Kind nicht ausdenken. Sie sind aber gut damit umgegangen. Sie haben dem Kind zugehört und Verständnis gezeigt, so dass es sich ernst genommen fühlte, das Thema aber dann abgehakt und erst einmal ruhig beim anderen Elternteil nachgefragt.


Das bedeutet, die Loyalitätskonflikte eines Kindes zu verstehen und nicht ohne Rücksprache alles zu glauben, ist für alle Beteiligten das Beste. Wenn die Kommunikation nicht so einfach ist, kann man das Jugendamt bitten, das ganze einmal zu überprüfen. Es ist aber wichtig, gelassen zu bleiben und dem Kind nicht die eigene Verunsicherung zu zeigen.


Um sich bindungstolerant zu verhalten und dem Kind zu signalisieren, dass es den anderen Elternteil lieben darf, ohne dass es dir wehtut, kannst du ihm viel Spaß wünschen und dich hinter nach seinen Erlebnissen erkundigen (Achtung: nicht ausfragen). Äußere dich positiv über den anderen. Mach dem Kind nach einem Erlebnis den Vorschlag, den anderen Elternteil anzurufen, ihm ein Foto zu schicken oder ein Andenken mitzubringen. Bezieh ihn in Feiertage ein und lass das Kind etwas malen oder basteln. Je mehr du den anderen Elternteil als selbstverständlich siehst und ihn nebenbei und unkompliziert erwähnst, desto lockerer kann auch dein Kind mit der Situation umgehen. Vermeide es unbedingt, in Gegenwart deines Kindes etwas negatives zu äußern, selbst wenn du mit etwas nicht einverstanden bist, das könnt ihre Erwachsenen untereinander klären.


Mit einem entspannteren Verhalten deines Kindes, wird es auch freier erzählen und du mehr Teil der Zeit beim anderen Elternteil. Auf diese Weise fühlst du dich nicht so ausgeschlossen und auch deine Bedenken und Vorbehalte können zurückgehen. Es fällt dann immer leichter, dich bindungstolerant zu verhalten.

Übrigens ist es nicht schlimm, wenn der andere Dinge anders handhabt oder weniger konsequent ist. Wir hatten auch früher andere Regeln und mehr Freiheiten bei Oma und Opa, ohne dass es geschadet hat oder wir deswegen die Eltern weniger geliebt hätten. Es wird deinem Kind nicht schaden (zumindest in den meisten Fällen) und auch wenn du im Alltag mehr Konflikte austragen musst, wird dich dein Kind dennoch nicht weniger lieben als den "Freizeitelternteil".


Wie kannst du also anfagen, dich bindungstoleranter zu verhalten? Zum einen kannst du dir die konkreten Handlungsideen downloaden. Diese Dinge kannst du durchführen, auch wenn du die Bindungstolereranz noch nicht fühlst. Fang mit dem Verhalten an und mit einer Verbesserung der Situation werden die Gefühle nachziehen. Schau auch meine anderen Blogbeiträge an, vielleicht können dir Beispiele aus der Praxis etwas die Augen öffnen.


Ich hoffe, dieser Leitfaden zur Bindungstoleranz war hilfreich. Wenn du etwas aus diesem Leitfaden mitnimmst denk daran, dass es allen Beteiligten damit besser geht.

Am besten beginnst du mit einem Vorschlag, was dein Kind dem anderen mitbringen/ezählen könnte und überprüfe danach, wie dein Kind reagiert hat und wie du dich damit fühlst. Also, was sagst du? Bist du bereit, es auszuprobieren?

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